Montag, der 24. Februar 1919

In Weimar wird der Preußsche Verfassungsentwurf nach der ersten Lesung einem 28-köpfigen Ausschuss übergeben, der ihn bearbeiten soll. Vorsitzender wird der liberale Politiker Conrad Haußmann. Der Ausschuss kommt zwischen dem 4. März und dem 18. Juni zu 42 nichtöffentlichen Sitzungen zusammen. Damit bekommt die Bevölkerung von dem Beratungsprozess über ihre künftige Verfassung nicht viel mit. Andererseits wird dadurch auch eine sehr friedliche, sachliche Arbeit ohne Schielen auf die öffentliche Meinung ermöglicht.

Ein Streitpunkt ist die Verteilung der Kompetenzen zwischen Reich und Ländern. Am Ende wird der Einfluss der Reichsregierung auf den Gebieten Finanzen, Militär, Post und Verkehr im Gegensatz zum Kaiserreich erweitert. Auf eine Neuordnung der Länder, die das Übergewicht Preußens beseitigt hätte, kann man sich jedoch nicht einigen.

Gestritten wird auch um die Kompetenzen des Reichspräsidenten. Vor allem bei den bürgerlichen Parteien findet die starke Stellung des Reichspräsidenten als „Ersatzkaiser“ Anklang. Sie glauben auf diese Weise einem sozialdemokratischen „Parlaments-Absolutismus“ Paroli bieten zu können. Aus den linken Parteien dagegen kommen warnende Stimmen, dass eines Tages ein „Trabant der Hohenzollern“ oder ein Vertreter einer „reaktionären, staatsstreichlüsternen“ Partei dieses Amt erringen und missbrauchen könne. Trotzdem wird am Ende beschlossen, dass der Reichspräsident für sieben Jahre vom Volk direkt gewählt werden soll und die Möglichkeit eingeräumt bekommt, „wenn die öffentliche Sicherheit und Ordnung erheblich gestört oder gefährdet wird“ eine Regierung ohne parlamentarische Mehrheit einzusetzen, wesentliche Grundrecht außer Kraft zu setzen und das Militär im Inneren zu verwenden. Schon Ebert wird gelegentlich darauf zurückgreifen, z.B. 1923 anlässlich des Hitler-Putsches, unter Präsident Hindenburg wird der Notfall ab März 1930 dann jedoch zum Dauerzustand werden und die bereits erheblich gestörte öffentliche Ordnung noch weiter aus dem Lot bringen.

Die bürgerlichen Parteien hätten auch gerne die schwarz-weiß-rote Fahne aus der Kaiserzeit beibehalten, doch SPD, Zentrum und auch Teile der Linksliberalen bestehen auf Schwarz-Rot-Gold. Als Kompromiss werden schließlich neben der schwarz-rot-goldenen Reichsflagge eine Handelsflagge und 1921 auch noch eine Reichskriegsflagge in den alten Farben mit eingeklinkter Reichsflagge eingeführt.

Auch die Grundrechtesammlung ist in vielem ein Kompromiss, in dem die SPD die Rechte der Arbeiter, das Zentrum die der kirchlichen Einrichtungen, von Ehe und Familie etc. festschreiben lässt. Vor allem um das Schulwesen streiten sich SPD und Zentrum bis zuletzt erbittert. Schließlich werden Konfessions- und Weltanschauungsschulen in der Verfassung erlaubt. Auch Elemente der direkten Demokratie wie Volksbegehren und Volksentscheide halten Einzug.

 

In Mitteldeutschland treten die Arbeiter der Kohle- und chemischen Betriebe in Generalstreik. Die Elektroindustrie und die Eisenbahner schließen sich an. Ihre Forderungen entsprechen weitgehend denen der Essener „Neunerkommission“.

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