Christa Pöppelmann > November 1918 > Dienstag, der 16. Dezember 1919
Dienstag, der 16. Dezember 1919
Nicht nur die französische Politik, auch die Presse wirft Deutschland vor, zu taktieren und auf einem möglichen Zwist der Alliierten zu hoffen, um der Umsetzung des Friedensvertrages zu umgehen. Le Temps spricht von einem unverbesserlichen Deutschland, erklärt aber gleichzeitig, die Alliierten täten alles, um das demokratische System in Deutschland zu stützten.
Das Berliner Tageblatt erwidert scharf: „Es ist ihnen noch nicht klar geworden, dass ihre ganze bisherige Politik den Nationalismus in Deutschland neu gezüchtet hat. Sie wollen nicht einsehen, dass es in hervorragendem Maße ihnen zu verdanken ist, wenn die Deutschnationalen wieder Zulauf finden. Meint der ‚Temps‘, der unablässig die Zerstückelung Deutschladns gefordert hat, solche Forderungen müssten nicht dahin führen, die Gemüter in Deutschland wieder nationalistisch zu erhitzen? Oder meint er im Ernst, dass sie geeignet seien, die deutsche Demokratie in ihrem Kampf gegen die Reaktion zu stärken? Versöhnlichkeit und Entgegenkommen würden allein das schwere Werk dieser Demokratie erleichtern können, die eine vertragsgetreue und loyale Politik verfolgen will und soll. Aber weder bei den Waffenstillstandsbedingungen, noch bei dem Friedensvertrage, noch in der Gefangenenfrage, noch bei anderen Gelegenheiten haben wir die Empfindung haben könnnen, die Ententeregierungen sähen die Unterstützung der deutschen Demokratie als eine notwendige Aufgabe an.“