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Leserbrief „Der legale Weg zum Asyl“ in voller Länge
In der Berliner Zeitung wurde am 30. April ein verkürzter Leserbrief von mir zum Thema „Asyl“ abgedruckt. Hier ist der Text in voller Länge. Er bezieht sich auf einen Kommentar, der der Politik bescheinigt, kurzsichtig zu handeln und keine vernünftige Strategie in der Flüchtlingspolitik zu haben.
Die Angst vor der vernünftigen Lösung
Eine vernünftige Strategie in der Flüchtlingspolitik gibt es schon und sie wird auch seit Jahrzehnten schon gefordert. Sie heißt legale Einreisemöglichkeiten plus Einwanderungsgesetz. Aber im Moment wagen selbst die Befürworter dieser Strategie nur ganz leise, sie zu äußern. Scheinbar fürchtet man sich vor hysterischen Reaktionen, die allen, die Erleichterungen für Flüchtlinge propagieren, unterstellen, sie wollten unser Land einer noch stärkeren, noch unkontrollierteren Einwanderung preisgeben. Das Gegenteil davon ist richtig. Um das verpönte Bild vom „Flüchtlingstrom“ zu bemühen: Ein Strom, den man Sperranlagen in den Weg setzt, verschwindet nicht, sondern sucht sich neue, eigene Wege. Genau das passiert derzeit an den Außengrenzen Europas. Mit jeder Hürde, die wir aufstellen, päppeln wir die Schleuserindustrie, provozieren noch mehr Tote und sorgen dafür, dass vor allem die Wohlhabenden, die alleinstehenden jungen Männer, die besonders Harten und die mit guten Kontakten zu uns durchkommen, nicht die Hilfsbedürftigsten. Dabei würde nichts den Run auf die Schleuserboote besser eindämmen als die Hoffnung, Asyl auch auf legalem Wege zu erhalten.
Warum ist es nicht möglich, dass Asylsuchende aus ihrem Heimatland oder ihrer Primärzuflucht schriftlich oder online einen Antrag stellen können? Es folgen eine erste Prüfung, ein Termin in einer dem Flüchtling zugänglichen deutschen Botschaft mit Prüfung der Dokumente und Registrierung, dann eine legale Einreise und ein geordnetes Asylverfahren in Deutschland. Auf diese Weise könnten wir die Anzahl der Zureisenden regulieren, wir würden keine Familien auseinanderreißen, zusätzliche Traumatisierung durch die Flucht vermeiden, das eventuelle Vermögen der Flüchtlinge nicht an die Schleusermafia verschleudern und könnten auch Kontingente für besonders Schutzbedürftige festlegen. Wir müssten Despoten keine Zugeständnisse machen und wären im Grunde nicht einmal auf die EU-Partner angewiesen. Über ein Einwanderungsgesetz, dessen Ausarbeitung zu Beginn der Flüchtlingskrise eigentlich vereinbart war, von dem jetzt aber auch keiner mehr redet, könnten zusätzlich Kontingente für Arbeit suchende Armutsflüchtlinge geschaffen werden. Die Sache hat nur einen Haken. Wir müssten uns endlich überwinden, freiwillig Menschen aufzunehmen. Und zwar nicht 400 oder 4.000, sondern eher 400.000 im Jahr. Denn die illegale Zuwanderung wird nur zurück gehen, wenn die legalen Wege wirklich Hoffnung machen. Wahrscheinlich sind unsere Politiker, die im Moment so hilflos an dem Problem herumdoktern, gar nicht kurzsichtig, sondern nur feige. Sie haben Angst, dass rund 1000 „Einladungen“ pro Tag, das Wahlvolk in noch viel größerem Maße in die Arme von AfD und Schlimmeren treiben. Dass diese Angst berechtigt ist, ist das eigentliche Problem das einer vernünftigen Lösung entgegensteht.