Samstag, der 10. April 1920

Kanzler Hermann Müller ernennt endlich einen Außenminister, Friedrich Eberts ehemaligen Büroleiter Adolf Köster. Theodor Wolff äußert sich im Berliner Tageblatt schwer enttäuscht, obwohl er Köster als ehemaligen freien Mitarbeiter des Tageblatts persönlich kennt und schätzt. Köster sei ein sehr sympathischer, durch und durch anständiger, intelligenter und begabter Mann. Erfahrung mit der Außenpolitik jedoch habe er keine und in der jetzigen Situation müsse unbedingt der geeignetste Kandidat auf diesen Posten berufen werden, nicht der loyalste Freund.

 

Frankreich macht der britischen Regierung schwere Vorwürfe wegen deren Verurteilung der Besetzung der hessischen Städte ein. Frankreich habe sich gegenüber den Verbündeten immer loyal verhalten und die Verständigung gesucht. Auch habe es immer erklärt, keinen deutschen Einmarsch in das Ruhrgebiet zu dulden, da es nicht an einen schnellen Rückzug glauben konnte. „Weder für die Wiedergutmachungen, noch für die Auslieferung der Schuldigen, noch für die Kohle, noch für die Entwaffnung der Armee haben die Alliierten die durch den Versailler Vertrag ausbedungenen Satisfaktionen erhalten. Hat die britische Regierung die Gefahr dieser fortgesetzten systematischen Verletzungen wohl berücksichtigt? In welchem Augenblicke glaubt sie auf dem Wege der Konzessionen stille stehen zu dürfen? Auf jeden Fall ist Frankreich jetzt gezwungen zu sagen: es ist genug!“

 

In Frankfurt findet ein französisches Standgericht gegen den Leiter von Wolffs Telegraphischem Bureau und den des Generalanzeigers statt, da sie bei den Zusammenstößen an der Hauptwache 6 Tote und 30 Verwundete meldeten, während es nach französischen Angaben nur 4 Tote und 18 Verwundete waren. Einige Menschen werden wegen Verstoß gegen die Paßpflicht oder Ausgangssperre, die abends ab 21 herrscht, belangt.

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