Christa Pöppelmann > November 1918 > Samstag, der 17. Januar 1920
Samstag, der 17. Januar 1920
In Westpreußen beginnt die Räumung der Gebiete, die Deutschland laut Versailler Vertrag abzutreten hat. Um 10 Uhr vormittags sollen die Polen in den von den Deutschen geräumten Abschnitt Argenau einrücken. Die Polen rücken jedoch schon um halb sechs Uhr morgens an, worauf die Deutschen Maschinengewehre in Stellung bringen und es zu einer Schießerei kommt, bei der die deutschen Truppen, die eigentlich hatten abrücken sollen, gefangen genommen werden. Andernorts jedoch vollzieht sich der Machtwechsel reibungslos.
Auch, was die Besatzung des Rheinlands angeht, gibt es Konflikte. Die deutsche Regierung sendet wieder einmal eine Protestnote an die Alliierten, weil die Verordnungen zur Besetzung ihrer Ansicht weit über die Regelungen des Versailler Vertrages hinausgehen, in denen festgelegt ist, dass die Kommission alle Befugnisse hat, die Umsetzung der Vereinbarungen aus dem Vertrag durchzusetzen. Die Verordnungen jedoch räumen der Kommission grundsätzlich ein, an der deutschen Regierung vorbei Gesetze zu erlassen oder juristische Verfahren an die alliierte Militärgerichtsbarkeit zu delegieren.
In München wird die Todesstrafe gegen Anton Graf Arco in lebenslängliche Festungshaft umgewandelt. Das Berliner Tageblatt kommentiert: „Gegen die Umwandlung der Strafe braucht man nichts einzuwenden, aber allerdings nur unter der Bedingung, dass Graf Arco nun nicht nach kurzer Zeit aus der Festung verschwindet. Außerordentlich eigentümlich berührt die Fassung, die der vom Wolffschen Telegraphenbureau verbreiteten Mitteilung gegeben worden ist. Es ist da wirklich etwas viel von glühender Liebe und Edelmut die Rede und man sollte nicht ganz vergessen, dass auch Kurt Eisner, den wir politisch bekämpften, von idealen Ideen erfüllt war, und dass Graf Arco einen Mord begangen hat.“