Dienstag, der 24. Dezember 1918

Während die Regierungsmitglieder schlafen gegangen sind, verhandelt der USPD-Politiker Georg Ledebour mit den Matrosen. Gegen drei Uhr erklären sie sich schließlich bereit, ihre Gefangenen frei zu lassen. Ledebour will diese Nachricht mit einer Abordnung Matrosen in die Reichskanzlei tragen, doch dort befindet sich niemand mehr.

 

In den frühen Morgenstunden gehen dann vor Schloss und Marstall 800 bis 900 Soldaten der Gardekavallerie-Schützen-Division unter Befehl von General Lequis mit sechs Kanonen in Stellung. Einheiten der Republikanischen Soldatenwehr riegeln die Spreeinsel ab. Die Matrosen werden durch einen fünfköpfige Deputation aufgefordert, binnen zehn Minuten die Waffen nieder zu legen und das Gebäude zu verlassen. Als sich darauf nichts tut, eröffnen die Soldaten um 7:41 Uhr das Feuer. Innerhalb kürzester Zeit treffen über 60 Granatschuss die beiden Prachtbauten. Danach gleicht der Schlossplatz einem Trümmerfeld und ist übersät mit Sandsteinbrocken. Die Fassade ist voller Einschusslöcher, stellenweise sind alle Fenster zerschmettert. Wenig später stürmen die Gardisten das Schloss, in dem sich nur noch wenige Dutzend Matrosen befinden. Über die Kämpfe, die sich im Inneren abspielen, gibt es widersprüchliche Berichte. Auf jeden Fall sterben sieben Matrosen und zwei der Angreifer. Auch im benachbarten Marstall gibt es nicht mehr viele Verteidiger. Um dreiviertel zehn hängen sie eine weiße Fahne aus dem Fenster. Es kommt zu Verhandlungen, als deren Resultat erst einmal die Frauen und Kinder der Bediensteten, die sich im Gebäude aufhalten, abziehen dürfen.

 

Doch in der Stadt hat man Wind von den Ereignissen bekommen. Schließlich waren die Kanonenschüsse nicht zu überhören. Die Revolutionären Obleute und Spartakisten aktivieren ihre Netzwerke zu den Arbeiterschaften. Aus den verschiedenen Stadtteilen rücken Tausende von Fabrikarbeitern an. Auch viele der Matrosen, die bereits im Weihnachtsurlaub waren, sind dabei. Polizeipräsident Emil Eichhorn rüstet einige davon mit Karabinern und Handgranaten aus. Außerdem schickt er die ihm unterstellte Sicherheitswehr in den Kampf. Sie durchbrechen die Absperrung auf der Spreeinsel, entwaffnen Offiziere der Lequis-Truppen und nehmen einige gefangen. Viele fangen auch Diskussionen mit den Soldaten an und fordern sie auf, die Kämpfe einzustellen. Manche machen sich angesichts der wütenden Menge tatsächlich aus dem Staub. Andere, vor allem von der Republikanischen Soldatenwehr, verbrüdern sich mit den Matrosen. Auch das Schloss wird „zurück erobert“. Harry Graf Kessler, der um diese Zeit zum Schlossplatz kommt, berichtet. „Der ganze Platz schwarz von Menschen. … Die Neugier ist größer als die Furcht. Gleichzeitig bieten diese Neugierigen die beste Schutzwehr für die meuternden Matrosen. Bis sie nicht zerstreut oder zurückgedrängt sind, können die Regierungstruppen ihren Angriff nicht erneuern.“ Ein kleiner Maschinengewehr-Trupp, der auftaucht, wird „gleich umringt von tosenden, schimpfenden Menschen. … In der Menge halten überall Spartacus-Agitatoren kleine Volksversammlungen ab; man tritt ihnen entgegen, hört sie aber an.“

 

Eine Abordnung der Garde-Kavallerie-Schützen-Division bittet Ebert gegen Mittag um Verhandlungen. Dieser befiehlt die sofortige Einstellung der Kämpfe und den Abzug der Gardeschützen. Ledebour, Däumig und andere Mitglieder des Vollzugsrats gelingt es, die Matrosen zu Verhandlungen zu überreden. Schließlich tagen die Konfliktparteien unter Leitung von Ledebour in der Universität. Als Delegierte der Regierung fungieren Richard Müller und Max Cohen vom Vollzugsrat. Am Ende dürfen die Truppen des Generalkommandos mit allen militärischen Ehren abziehen, die Matrosen ihre Waffen behalten. Sie erhalten auch ihren Sold, sichern aber zu, das Schloss zu räumen und stimmen ihrer Reduzierung und der Eingliederung – als geschlossene Einheit – in die Republikanische Soldatenwehr zu. Die Alarmbereitschaft in Berlin wird aufgehoben, alle Truppen, die dort nicht stationiert sind, müssen die Stadt verlassen.

 

In einer Ansprache fordert Georg Ledebour die Matrosen auf, auf die Straße zu gehen und „Fühlung mit dem Landheer zu nehmen“. Diese Truppen seien nicht ihre Feinde, sondern irregeleitetete Kameraden, die nur auf Befehl des Generalkommandos gehandelt hätten. Die begeisterten Matrosen bieten ihm den Posten des Stadtkommandanten an, was er jedoch mit Hinweisen auf sein Alter und sein politisches Amt ablehnt.

 

Die Anführer der geschlagenen Truppen, die Generale Lequis und Hoffmann werden später behaupten, sie seien nur gescheitert, weil sie, nachdem die Matrosen schon kapituliert hätten, plötzlich von Zivilisten umzingelt waren und nicht auf Frauen und Kinder hätten schießen wollen. Dies verkennt aber, dass es ernsthafte Kämpfe gab und am Ende 56 Soldaten, aber „nur“ elf Matrosen, sowie fünf Polizisten und einige Zivilisten umgekommen sind.

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