Mittwoch, der 25. Dezember 1918

Tausende von Berlinern strömen am „Morgen danach“ zu Schloss und Marstall, um mit eigenen Augen die Einschüsse und andere Verwüstungen zu sehen. Herausgeschossene Brocken von der Schlossfassade werden zum wertvollen Souvenir.

 

Die Revolutionären Obleute rufen zu einer Demonstration auf.Um 14 Uhr ziehen ungefähr 30.000 Menschen durch die Innenstadt. Sie prangern „Eberts Blutweihnacht“ an und auf Plakaten ist zu lesen: „Des Soldatenmordes/Matrosenmordes klagen wir an: Ebert, Landsberg, Scheidemann“ und „Die Mörder müssen gelyncht werden.“ Liebknecht spricht von 60 ermordeten Matrosen und fordert wieder einmal die Entwaffnung der Soldaten und die Bewaffnung des Proletariats.

Am Abend wird die Redaktion des Vorwärts besetzt. Auf Anschlägen heißt es, man habe sich ein Blatt „zurückgeholt“, das „aus dem Blut und Schweiß der deutschen Arbeiterschaft“ entstanden sei, nun aber die Revolution verraten habe. Von nun an soll es als Roter Vorwärts der Revolution dienen. Mit dem gleichen Argument des Verrats an der Arbeiterschaft wird die Herausgabe des Parteivermögens verlangt. Um auch in die verschlossenen Kontore und Druckräume zu kommen, verhaften die Besetzer den im Nachbarhaus wohnende preußische SPD-Minister Eugen Ernst und verlangen die Herausgabe der Schlüssel. Er erklärt, dass er dies auch nicht tun würde, wenn er sie hätte.

 

Auch in Leipzig, Hamburg und anderen Städten gibt es große Proteste der Arbeiterschaft.

 

Stadtkommandant Otto Wels wird seines Amtes enthoben. Provisorischer Nachfolger soll sein Vorgänger Oberst Schwenk werden. Doch die Soldatenräte protestieren und erklären, sie hätten schon Anton Fischer zum neuen Kommandanten gewählt.

 

Stadtkommandant Otto Wels wird seines Amtes enthoben. Provisorischer Nachfolger soll sein Stellverteter und Vorgänger Oberst Schwenk werden. Doch die Soldatenräte protestieren und erklären, sie hätten schon Anton Fischer zum neuen Kommandanten gewählt.

 

In Magdeburg aber gründen Franz Seldte und Theodor Duesterberg den Stahlhelm, Bund der Frontsoldaten. Seldte, Chemiker und Reserveoffizier, verlor im Krieg einen Arm und fungierte danach als Kriegsberichterstatter. Oberstleutnant Duesterberg hatte im Jahr 1900 zu dem Expeditionskorps gehört, das den Boxeraufstand in China brutal niederschlug. Den Krieg hatte er als Referatsleiter im Kriegsministerium erlebt. Beide stehen rechts, doch zunächst soll die Vereinigung in erster Linie eine Interessensvertretung der heimkehrenden Soldaten sein. Zur dezidiert antidemokratischen Kampforganisation, die ab 1929 mit der NSDAP paktiert, wird der Stahlhelm erst ab etwa 1924. Und Seldte wird es bis zum NS-Arbeitsminister bringen.

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