Dienstag, der 3. Juni 1919

Das Kabinett und die preußische Regierung treffen sich zu einer zweitägigen Beratung über die Friedensbedingungen. Matthias Erzberger hat zuvor im Auftrag Eberts dem amerikanischen Oberst Conger ausgerichtet, man solle sich nicht zu sicher sein, dass Deutschland den Kampf nicht wieder aufnehmen werde, wenn die Bedingungen nicht wesentlich gemildert würden, und dem Major Henrotin „Amerika müsse sich darauf einrichten, dass es Deutschland nicht nur besetzen, sondern auch regieren müsse.“ Auf der Sitzung drängt Erzberger seine Ministerkollegen inständig zur Unterzeichnung. In einem großen Gutachten legt er dar, dass eine Unterzeichnung zwar außerordentlich harte wirtschafts- und finanzpolitische Konsequenzen habe, die Gefahr eines Putsches von links oder rechts heraufbeschwöre und zur ständigen Diffamierung der unterzeichnenden Politiker führen werde, dass eine Nichtunterzeichnung aber schlimmer sei. Es werde zur Besetzung weiter Teile Deutschlands und zur Wiederaufrichtung der gerade abgebauten Hungerblockade kommen, was zum Tod Hunderttausender Bürger, allgemeiner Anarchie und letztlich einem Zerfall des Reiches führen werde. Angesichts der bereits bestehenden separatistischen Tendenzen in Bayern, dem Rheinland und im Osten befürchtet er, dass in einem besetzten Deutschland die einzelnen Länder nicht würden widerstehen können, mit den Besatzungsmächten ihre jeweils eigenen Friedensbedingungen auszuhandeln.

Auch OHL-Chef Groener erklärt, eine Wiederaufnahme der Kämpfe sei völlig unmöglich, weshalb der Vertrag angenommen werden müsse.

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