Donnerstag, der 17. Oktober 1918

Sechs Stunden sitzt das Kabinett zusammen, um über eine Antwort an die Amerikaner zu beraten. Hinzugerufen wurden auch wieder die Militärs. Ludendorff erklärt, Belgien auf keinen Fall räumen zu wollen, Admiral Scheer will den uneingeschränkten U-Boot-Krieg nicht aufgeben. Die Regierungsmitglieder aber wollen wissen, wie prekär die Lage an der Front ist und ob sie sich längeres Taktieren überhaupt leisten können. Doch wieder weicht Ludendorff aus. Einmal sagt er, wenn man die nächsten vier Wochen überstehe, dann sei man wohl den Winter über sicher, dann wieder, es gebe keine Garantie, dass die Front nicht jederzeit breche. Kanzler von Baden erklärt hinterher, er habe jedes Vertrauen in Ludendorff verloren. „Das war nicht der Rechenschaftsbericht des verantwortlichen Feldherrn vor der verantwortlichen Regierung, sondern Stimmungsmache.“ Bestätigt wird er am folgenden Tag durch einen privaten Brief des bayerischen Kronprinzen Rupprecht, mit dem er hochadelsüblich verwandt ist. Rupprecht, Führer der gleichnamigen Heeresgruppe und damit einer der wichtigsten deutschen Generäle, vertraut dem Kanzler an, dass Ludendorffs Vision vom Endkampf ihn inzwischen selbst in den Augen hartgesottener Militärs zum Desperado mache. „Unter allen Umständen müssen wir zum Frieden gelangen, ehe der Gegner sich den Weg nach Deutschland erzwingt“, beschwört der bayerische den badischen Prinzen. Auch die anderen Mitglieder der Regierung erklären nach Ludendorffs Auftritt, dass die militärische Nebenregierung aus der Welt geschafft werden muss.

Öffentlich mahnt der linksliberale Reichstagsabgeordnete Georg Gothein im Berliner Tageblatt, angesichts der Lansing-Note nicht nur Empörung, sondern auch Einsicht zu zeigen. Der deutsche Militarismus, der völlig losgelöst von der Politik agieren konnte, sei ein Übel das tatsächlich – wie Wilson fordert – unbedingt beseitigt und entmachtet werden müsse. Nicht dem amerikanischen Präsidenten zuliebe, sondern um des deutschen Volkes willen.

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