Donnerstag, der 4. März 1920

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Von der Londoner Konferenz der Alliierten dringen ermutigende Nachrichten durch. Demnach wollen die Alliierten, Deutschland helfen, seine ursprüngliche industrielle Leistungsfähigkeit wiederzubekommen. Die Reparationszahlungen sollen keinesfalls so groß sein, dass sie die Leistungsfähigkeit zertrümmern. Außerdem will man Deutschland einen Anteil an den verfügbaren Rohstoffen und mehr Lebensmittel zukommen lassen und bei den neutralen Ländern für Kredite werben. In Deutschland weckt das die Hoffnung, dass die Alliierten, namentlich England, in Teilen zu einer Revision des Versailler Vertrages bereits seien.

 

Im Prozess Erzberger-Helfferich werden die Plädoyers gehalten und es kommt knüppeldick für den Minister. Ihm wird nicht nur bescheinigt, in einigen der erörterten Fälle Politik und privates Geschäft vermengt zu haben, sondern Erzberger habe sich auch des unanständigen Verhaltens schuldig gemacht, etwa gegen die Regierung durch Einbringung der Friedensresolution, aber auch, indem er auf nicht anständige Weise in den Besitz von Dokumenten gekommen sei. Erzbergers einstige Angriffe gegen Helfferich im Reichstag werden als Dennunziation gewertet. Selbst der Erzberger keineswegs wohlgesonnene Ernst Feder vom Berliner Tageblatt konstatiert, dass in vielen Fällen alle gegen Erzberger sprechende Zeugenaussagen für bare Münze genommen würden, alle entlastende aber nicht berücksichtigt. Da aber nicht alle Vorwürfe Helfferichs bewiesen worden wären, insbesondere nicht der der Rechtsbeugung durch Erzberger, und er zudem nicht nur uneigennützige Gründe gehabt habe, wird eine Geldstrafe von 300 Mark und die Vernichtung der Druckplatten seiner Broschüre gegen Erzberger gefordert. Helfferichs Anwalt Alsfeld jedoch legt in seinem Plädoyer noch einmal nach und erklärt dem Publikum, wo die Staatsanwaltschaft zu milde in ihrem Urteil gewesen sei – samt einiger politischer Seitenhiebe, um die es im Prozess gar nicht gegangen ist. So sei „noch nie in der Geschichte der nationale Stolz und nationale Wohlfahrt eines Volkes eine so tiefe Demütigung erfahren, wie bie der Auslieferung der deutschen Handelsflotte“ an die Alliierten.

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