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Freitag, der 13. Dezember 1918
In Berlin weigert sich die Volksmarinedivision, das Schloss zu verlassen. Stadtkommandant Wels stellt ihr darauf ein Ultimatum bis zum 16. Dezember um 12 Uhr. Die Matrosen reagieren, indem sie ihre Maschinengewehrabteilung in Alarmbereitschaft setzen. Otto Wels wird später aussagen, es sei nie gelungen, eine Übersicht über die tatsächliche Stärke der Marinedivision zu bekommen. Es habe aber von Seiten der Matrosen das Verlangen gegeben, die Division auf 5000 Mann aufzustocken und sie der Republikanischen Soldatenwehr anzugliedern. Die Regierung habe dagegen eine Reduzierung auf einen Kern von 600 zuverlässigen Männern gefordert. Die Führung der Matrosen hätte jedoch in der Folge nur 90 Mann entlassen.
Auch der Vollzugsrat entlässt eines seiner Mitglieder, Otto Strobel, wegen eines antisemitischen Artikels in der Deutschen Tageszeitung. Strobel hatte dort geschrieben, ein Ariervolk dürfe sich nicht von 600.000 Semiten beherrschen lassen. Gleichzeitig verurteilte der Vollzugsrat die Verbreitung antisemitischer Flugblätter, die seit Kriegsende um sich greift. „Wenn diese Flugblatthetze fortdauert, muss mit der Möglichkeit gerechnet werden, dass wir auch in Deutschland die Schmach der Judenpogrome erleben“, warnt das Berliner Tageblatt.
Ansonsten herrscht weitgehend Ruhe in der Hauptstadt. Der Heidelberger Soziologe Max Weber, der in Berlin an der künftigen Reichsverfassung mitarbeitet, schreibt an seine Ehefrau. „Auf die Dauer wird ja der Putsch fast unvermeidlich, aber jetzt ist vorerst nichts zu merken.“ Die Arbeit an der Verfassung aber begeistert ihn. „Es ging den ganzen Tag mit sehr gescheiten Leuten heiß her, es war ein Vergnügen. Montag – Donnerstag Abend. Heute zum ersten Mal schlief ich fast aus.“ Und die inzwischen fast fertige Verfassung sei „sehr ähnlich“ seinen Vorschlägen geworden.
In Trier wird der Waffenstillstand verlängert. Die Allierten behalten sich vor jederzeit mit einer Vorwarnzeit von sechs Tagen die neutrale Zone am rechten Rheinufer nördlich von Köln bis zur holländischen Grenze zu besetzen. Dafür gestehen sie zu, dass die in Deutschland liegenden 2,5 Millionen Tonnen Schiffsraum unter alliierter Kontrolle zur Versorgung Deutschlands mit Lebensmitteln genutzt werden. Außerdem werden Zugeständnisse gemacht, mit welcher Geschwindigkeit Lokomotiven, Eisenbahnwaggons und Lastkraftwagen abgegeben werden müssen.
Auch in Oberschlesien kommt es zu neuen Streiks. Sie werden vor allem von den polnischen Kohlearbeitern getragen. Daneben arbeiten hier noch immer russische Kriegsgefangene, für deren Heimtransport man von deutscher Seite frühestens im Februar 1919 Kapazitäten sieht. Als sie sich weigern einzufahren und geschlossen gegen die Wachleute vorgehen, werden neun erschossen und sieben verletzt. Generell erhalten die Kriegsgefangenen inzwischen den gleichen Lohn wie deutsche Arbeiter, haben aber keine Möglichkeit, sich der Arbeit zu entziehen, da ihnen ansonsten nicht nur der Lohn, sondern jegliche Verpflegung gestrichen wird.