Freitag, der 24. Oktober 1919

München leidet seit zwei Wochen wegen Gasmangels unter einer verschärften Sperre. Ein vollständiges Abdrehen des Gashahns wurde gerade noch einmal verhindert. Auch so bleiben viele Arbeiter, etwa Postboten ohne warme Nahrung, weil sich ihr Dienst mit den Gassperren überschneidet. Heimarbeit, die auf Licht und Energie angewiesen ist, wird unmöglich gemacht, das Nachtleben ruht. Seit Beginn der Sperre, so das Berliner Tageblatt, habe es auch schon 160 Einbrüche gegeben.

Zudem führen die Flüsse auch noch extremes Niedrigwasser. Das schränkt zum einen den Betrieb der Wasserkraftwerke ein und gefährdet die Stromversorgung, zum anderen kann der Kohlennachschub nicht wie üblich auf dem Wasser transportiert werden.

Auch in Köngisberg drohen Stillegungen weil nur ein Viertel des täglichen Kohlenbedars in der Stadt ankommt. Hier ist neben der allgemeinen Kohlenknappheit allerdings die Blockade der Ostsee schuld.

Dagegen berichtet Tageblatt-Korrespondet Erich Dombrowski aus Hamburg, dass das Geschäftsleben allmählich wieder in Gang komme. Freistehender Kontorraum sei trotz Wucherpreisen kaum noch aufzutreiben. Er selbst kann diesen Optimismus nicht so recht teilen. Die Reedereien hielten sich während der unsicheren politischen Lage mit Investitionen zurück, der Export sei durch die für Deutschland ungünstigen Zoll- und Währungsfragen gefesselt und Japan dränge zunehmend mit Produkten auf die internationalen Märkte, die so billig in Deutschland nicht hergestellt werden könnten.

Um eine Kapitalflucht ins Ausland zu verhindern, legt Finanzminister Erzberger ein Gesetz vor, dass Wertpapiere nur bei Banken deponiert werden dürfen und diese die Hinterlegungen an die Steuerbehörden melden müssen.

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