Montag, der 13. Januar 1919

Weitere Freikorps rücken in Berlin ein, was militärisch eigentlich nicht mehr nötig ist. Doch die Regierung will Stärke beweisen. Die Berliner Zeitungen begrüßen das größtenteils und feiern die Widerherstellung von Ruhe und Ordnung. Die gibt es jedoch nicht wirklich. Denn die Einheiten durchstreifen auf der Suche nach Spartakisten die Stadtviertel. Immer wieder kommt es zu Schießereien, die in der Öffentlichkeit als Guerillakrieg der Linken gedeutet werden, deren versprengte Kämpfer sich in einzelnen Gebäuden verschanzt hätten und über ein gut organisiertes Spionagenetzwerk in Kontakt stünden. Doch oft wird auch auf blinden Alarm hin gefeuert. So fallen gegen 17 Uhr abends im Zeitungsviertel eine Stunde lang Schüsse, weil man auf den Dächern Spartakus-Leute bemerkt haben will. Inmitten dieses Chaos kommt es zu massenhaften Verhaftungen von mutmaßlichen Teilnehmern oder auch nur Sympathisanten an den Unruhen und auch wieder zu erheblichen Gewaltexzessen der Regierungseinheiten.

 

Nach eigener Aussage will Antibolschewist Eduard Stadtler an diesem Tag Kommandeur Waldemar Pabst aufgesucht haben und ihn von der Notwendigkeit, Rosa Luxemburg, Karl Liebknecht und Karl Radek zu ermorden, überzeugt haben.

 

An der Ruhr werden die Beschlüsse von Essen von einer Konferenz aller Arbeiter- und Soldatenräte des rheinisch-westfälischen Industriereviers bestätigt. Es wird eine Neunerkommission gewählt, in der jeweils drei Vertreter der drei sozialistischen Parteien SPD, USPD und KPD sitzen. Erste Maßnahme ist die Erarbeitung eines Wahlsystems für Betriebsräte, das ein Mitbestimmungsrecht der Arbeiter bei der gesamten Produktion sichern soll. In der Folge versucht die Kommission sowohl die Regierung in Berlin wie auch die Gewerkschaften für die in Essen gefassten Beschlüsse zu gewinnen, stößt aber auf Granit.

 

In Paris aber beginnt die sogenannte Präliminarfriedenskonferenz. Im Auswärtigen Amt setzen sich die Vertreter der fünf großen Siegermächte – Frankreich, Großbritannien, USA, Italien und Belgien – zusammen und machen sich daran in strengster Geheimhaltung eine neue Weltordnung zu entwerfen. Auf der Tagesordnung stehen die Gründung des Völkerbundes, neue Grenzen und die Entschädigungen, die die Verlierernationen leisten sollen. Allen außen Stehenden wird ein täglicher offizieller Bericht versprochen.

 

Für Deutschland gilt es aber erst einmal, den Waffenstillstand, der am 16.Januar ausläuft, zu verlängern. Die Entente-Mächte fordern weitere Zugeständnisse. So sollen Regierung und Privatleute jeglichen Geldverkehr mit dem Ausland – sowohl Investitionen, wie die Zahlung von Schulden – genehmigen lassen müssen, um zu verhindern, das Vermögenswerte abfließen, die später als Entschädigung verlangt werden können. Außerdem werden – als Strafe dafür, dass es bei der Ablieferugn von Lokomotiven und Eisenbahnwägen zur Verzögerung kommt – ,landwirtschaftliche Geräte verlangt: 13.400 verschieden Pflüge, 19.000 Eggen, jeweils 6500 Sämaschinen und Düngerstreumaschinen, 5.500 Mähmaschinen sowie 7.500 andere Spezialgeräte, alle neu oder in sehr gutem Zustand mit Zubehör und Ersatzstücken für 18 Monate Betrieb. Weiter soll in Berlin eine alliierte Kommission zur Rückführung der russischen Kriegsgefangenen installiert werden, die den deutschen Stellen gegenüber weisungsbefugt ist. Ein Teil der Kabinettsmitglieder rund um Außenminister Brockdorff-Rantzau will diese verweigern. Andere, allen voran Matthias Erzberger, fürchten jedoch unkalkulierbare Risiken bis hin zu einer Besatzung Deutschlands und einem Bürgerkrieg.

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