Montag, der 28. Oktober 1918

Die neue Verfassung tritt in Kraft. Deutschland ist damit zur parlamentarischen Demokratie geworden. Dass an der Spitze immer noch ein Monarch steht, ist für die meisten Mitglieder der neuen Regierung kein Problem. Viele ziehen die parlamentarische Monarchie einer Republik vor. Ein Problem ist jedoch, dass dieser Monarch immer noch der unberechenbare Wilhelm II. ist und die Noten aus Amerika nahe legen, dass dieser von den USA als echtes Friedenshindernis betrachtet wird. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Philipp Scheidemann drängt in einem Brief an Kanzler Max von Baden deshalb auf einen Thronverzicht des Kaisers.

Für das rechte Lager ist die Verfassungsänderung Revolution und Todesurteil. „Man zerbricht nicht nur Form, sondern Wesen und Seele des deutschen Heeres, wenn man jetzt mitten im Grauen der mörderischen Kämpfe, direkt oder indirekt an seinem Fahneneide rührt! Ein solches Beginnen ist nicht nur unverantwortlich, es ist heller, verzweifelter Wahnsinn! „, kommentiert die Deutsche Tageszeitung. „Und glaubt man etwa, den ‚unabhängigen‘ Sozialisten draußen fester zu binden, wenn man ihn auf die Firma Scheidemann-Erzberger schwören lässt?“

 

Im Berliner Tageblatt analysiert Theodor Wolff die internationale Stimmung. Er kommt zu dem Schluss, dass wohl sowohl in den USA, wie England und Frankreich eine Mehrheit gibt, die Waffenstillstandsbedingungen fordert, die einer Entwaffnung Deutschlands ziemlich gleich kämen, dass es in der Friedensfrage jedoch sehr viele Anhänger für eine sanftere Lösung gäbe. Trotzdem warnt er: „Wenn wir ohne die Friedenbedingungen zu kennen, mit verbundenen Augen vollkommen wehrlos werden, wird man uns hinterher nicht nur Danzig abnehmen können, sondern noch viel mehr. Sich in Illusionen hineinzuverirren, wäre verkehrt. Was vor uns liegt, ist noch unendlich schwer.“

 

Deutschlands Verbündeter Österreich-Ungarn dagegen erklärt in seinem erneuten Friedensgesuch an die USA, dass es allen Forderungen über die Rechte der Völker Österreich-Ungarns nachkommen werden, sprich in deren Selbstständigkeit einwilligt. Allerdings befindet sich die Doppelmonarchie faktisch bereits in Auflösung. Bereits am 6. Oktober hat sich in Agram (Zagreb) ein Nationalrat der Slowenen, Kroaten und Serben konstituiert, am 25. Oktober sind die Ungarn gefolgt  und parallel zu dem erneuten Friedensgesuch wird in Prag die Republik ausgerufen. Am 29. Oktober wird dann der Staat der Slowenen, Kroaten und Serben, ein Vorgänger des Königreiches Jugoslawien proklamiert, am 31. Oktober kündigt Ungarn die Union mit Österreich auf.

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