Christa Pöppelmann > November 1918 > Samstag, der 22. November 1919
Samstag, der 22. November 1919
Gespräche zwischen Vertretern Deutschlands und den Alliierten über die Umsetzung der strittigen Punkte des Versailler Vertrages sind ins Stocken geraten. Der deutsche Verhandlungsleiter Ernst von Simson verlässt Paris, um sich in Berlin neue Vollmachten zu holen, wie mit den Forderungen der Gegenseite umgegangen werden soll. Die Franzosen geben ihm eine bereits am 15. November von Präsident Clemenceau verfasste Note mit, die eine Freilassung der deutschen Kriegsgefangenen vor der endgültigen Ratifikation des Versailler Vertrages verweigert. „Keiner unserer Verbündeten ist in seinen Gefühlen und Interessen so tief verletzt worden, wie die Bewohner von Nordfrankreich“, schreibt Clemenceau. „Wie würdne diese Beowhner, die in tragischer Not zwischen den Trümmern ihrer Heimstätten umherirren, es aufnehmen, wenn die zu den ersten dringenden Arbeiten herangezogenen (übrigens materiell wie moralisch durchaus gut behandelten) deutschen Gefangenen vor dem im Versailler Vertrag festgesetzten Zeitpunkte … Frankreich verließen. Dies ist umso weniger möglich, als mit der deutschen Regierung noch keine endgültige Verständigung darüber erfolgt ist, unter welchen Bedingungen zivile deutsche Arbeitskräfte zur Verfügung Frankreichs gestellt werden sollten. … Sie [die deutsche Regierung] hat planmäßig die Ausführung der Wafenstillstandsbedingungen verzögert, indem sie sich den an sie ergehenden Ersuchen entzog und die bindenden Vorschriften oft verletzte. Muss erinnert werden an die Versenkung der Flotte in Scapa Flow, an die verzögerte Auslieferung der Schiffe, an die hintanhaltende dem Buchstaben, wie dem Geist des Waffenstillstands widersprechende Politik, die in den baltischen Provinzen trotz aller Aufforderungen der Verbündeten getrieben wurde …“
Deutschland protestiert: Zum einen hätte der Oberste Rat der Alliierten im August zugesagt, den Friedensvertrag, so weit er den Rücktransport der deutschen Gefangenen betreffe, vorzudatieren. Zum anderen hätte die deutsche Regierung der französischen ein ausführliches Exposé für den Wiederaufbau zukommen lassen. Aber Frankreich habe die deutschen Arbeiter in alten Gefangenenbaracken unterbringen wollen, was unzumutbar sei.
Auch der Papst appelliert, die deutschen Gefangenen vor Weihnachten freizulassen.