Sonntag, der 23. November 1919

In Frankreich wird gewählt und der Bloc national, eine Bündnis der rechten Kräfte, die den Versailler Frieden als zu nachgiebig Deutschland gegenüber anprangeren, geht als großer Gewinner hervor. Die Sozialisten verlieren die Hälfte ihrer Sitze, Clemenceaus Radikalsozialisten werden pulverisiert. In den letzten Tagen des Wahlkampfs schürten zahlreiche französische Zeitungen mit Berichten über die Pro-Hindenburg-Demonstrationen in Berlin die Ressentiments gegen die scheinbar unverbesserlich militanten Deutschen.

 

In Berlin lassen sich führende Vertreter der USPD auf insgesamt sechzig Versammlungen im gesamten Stadtgebiet über die aktuelle Lage und die Entwicklungen seit der Revolution aus. In der Bockbrauerei am Tempelhofer Feld fordert Georg Ledebour die Wiedervereinigung von USPD und Mehrheitsozialisten. Allerdings ohne deren führende Leute. „Wenn die Bert und Scheidemann sich in diese Einigung hineinzumogeln versuchen, wie am 9. November in die Revolution, so muss ihre Partei sie zum Teufel jagen. Die Mehrheitsozialsiten müssne sich von diesen …“ – Zuruf aus dem Saal: „Bestien“ – „ … säubern, dann wollen wir mit ihnen verhandeln.“ Im Gewerkschaftshaus, wo Louise Zietz spricht, wird ein junger Mann als Spitzel zusammengeschlagen, der mitstenographiert hat, aber sich weigerte sich auszuweisen.

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