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Sonntag, der 24. November 1918
Die Deutschkonservative Partei, Hort des alten Adels, der Großgrundbesitzer und Offiziere, und die Freikonservativen, die wirtschafts- und weltpolitisch seit jeher besonders aggressiv waren und von den großen Wirtschaftsführern dominiert werden, schließen sich nun doch noch zur Deutschnationalen Volkspartei (DNVP) zusammen. Mit dazu stoßen einige kleinere rechtsradikale und antisemitische Gruppen sowie Vertreter vom rechten Flügel der Nationalliberalen. Zu den Gründern gehören der Medienzar und Großindustrielle Alfred Hugenberg, der später Hitlers Aufstieg fördern und finanzieren wird sowie Großadmiral Tirpitz und der Agitator Wolfgang Kapp, also genau diejenigen, die auch 1917 die Deutsche Vaterlandspartei mitgegründet hatten, die nun ihre Tätigkeit einstellt. Die Deutschnationalen geben sich zunächst konzilanter gegenüber den neuen Verhältnissen. Kaiser und Monarchie kommen im Gründungsaufruf nicht vor, die Wahlen zur Nationalversammlung und die parlamentarische Demokratie werden bejaht, sogar gewisse soziale Forderungen erhoben, die konservative Frauenbewegung ebenso umworben wie die protestantische Kirche. Erster Vorsitzender wird der ehemalige preußische Finanzminister Oskar Hergt, ein gemäßigter Monarchist. Auch bei den Wahlen zur Nationalversammlung werden dann eher unbekannte Namen vorgeschoben, die Vertreter der alten Elite, wenn überhaupt aufgestellt, auf hinteren Listenplätzen „geparkt“. Doch schon im Wahlkampf wird die Rhetorik gegen die Republik wieder deutlich schärfer und bei der Erstellung des ersten Parteiprogramms 1920 setzen sich endgültig die antisemitischen, antidemokratischen Rechtsaußenkräfte durch.
Das liberale Bürgertum aber drängt unvermindet heftig, dass endlich gewählt wird. Im Berliner Tageblatt vergleicht Paul Nathan die Räteherrschaft mit dem aufgeklärten Absolutismus. „Es kann vorausgesetzt werden, dass auch jene sozialdemokratischen Elemente, die von der Berufung der Nationalversammlung nichts wissen wollen, von guten Absichten beseelt sind. Aber das Junkertum in Preußen behauptete gleichfalls, die allerbesten Absichten für Preußen zu hegen. …Gewiss ist es ein Unterschied in der Wirkung, ob ein Junkerparlament in Preußen die Geschicke dieses Staates bestimmt hat, oder ob nunmehr ein kleiner Kreis von Vertrauensleuten des vierten Standes in Preußen und im Reich unser Geschick im Interesse der Proletarier, wie der offizielle Jargon besagt, zu gestalten sucht. Die Wirkung wird eine ganz andere sein; aber in einem Punkte stimmt die eine Regierungsmethode mit der anderen durchaus überein. Sie hat mit Demokratie, das heißt mit der Herrschaft des gesamten Volkes, nicht das allergeringste zu tun.“ Nathan sieht aber nicht nur die Friedensverhandlungen und die „beiden Seiten zur Ehre gereichende“ Zusammenarbeit zwischen Regierung und Bürokratie gefährdet, wenn es nicht bald Wahlen gibt, er warnt auch, dass sich die Stimmung radikal wenden könnte. „In diesem Augenblick ist die jetzige Regierung noch von der Anerkennung umstrahlt, Deutschland aus der Sackgasse des Krieges hinausgeführt und uns den Frieden gebracht zu haben. Das ist ein sehr großer Aktivposten ihrer Politik. Es wird aber auch der deutschen Bevölkerung allmählich klar werden, was uns dieser Friede gekostet hat. Es werden die reaktionären Kräfte sich wieder sammeln, es werden die Interessen, die von der Zukunft Übles erwarten, sich gruppieren, und es wird der Rausch, dass wir schnell einer neuen besseren Zeit entgegenmarschieren, auch bei den Massen verfliegen. Dann zu den Wahlen zu schreiten und dann die deutsche Nationalversammlung zu berufen, wird vom politischen Standpunkt der heutigen leitenden Partei aus immer schwieriger werden.“
Doch Friedrich Ebert versichert, dass auf jeden Fall und möglichst schnell gewählt werden soll. Aber es müsse so lange gewartet werden, dass auch die Frontsoldaten daran teil nehmen können. Zur Vorbereitung fordert der Berliner Magistrat bereits alle Hausbesitzer auf, Listen der Bewohner für ein Wählerverzeichnis zu erstellen. Darin sollen auch die noch nicht heimgekehrten Soldaten aufgenommen werden.
So ziemlich zerschlagen hat sich die Hoffnung, dass der Waffenstillstand nicht so hart umgesetzt werden wird, wie er unterschrieben wurde. Detlof von Winterfeldt protestiert als Vertreter des Heeres in der Waffenstillstandskommission gegen die den Vereinbarungen zuwider laufende Festnahme deutscher Soldaten bei Schlettstadt. Und Außenstaatsekretär Solf fordert einmal mehr eine Lockerung der Bedingungen. Frankreichs Absage kommentiert der Journalist Erich Dombrowski im Berliner Tageblatt unter der Überschrift „Vorboten des Gewaltfriedens.“