Christa Pöppelmann > November 1918 > Donnerstag, der 8. Januar 1920
Donnerstag, der 8. Januar 1920
Hugo Meurer, Leiter der Marinestation der Ostsee in Kiel, wird in den Ruhestand versetzt. Meurer hatte einen Skandal verursacht, als er am 1. Januar im Tagesbefehl an die Truppen über den Schmachfrieden von Versailles herzog, Erzberger schmähte, der „zum Erstaunen unserer Feinde die vernichtenden Waffenstillstandsbedingungen widerstandslos und bedingungslos angenommen“ habe und erklärte: „Eine Tat aber leuchtet für die Marine aus dem Dunkel der Schande unseres Volkes hll vervor, danach angetan, die Ehre unserer ruhmreichen Flagge im alten Glanze erscheinen zu lassen: Die Versenkung unserer durch schnöden Vertragsbruch in Feindesgewalt genommene Schlachtflotte. Nehmen wir uns an unseren Kameraden ein Beispiel, den Mut zur Tat.“ Dabei hatte Meurer als Beauftragter der deutschen Admiralität höchstpersönlich die Modalitäten der Überführung der Flotte nach Scapa Flow verhandelt.
Trotz allem wird ihm zu seinem Abschied noch der Titel eines Vizeadmirals verliehen. Meurer war zuvor hoch dekoriert worden, weil er im Frühjahr 1918 die Marineexpedition geführt hatte, die mithalf den Finnischen Bürgerkrieg zugunsten der antibolschewistischen Regierung zu entscheiden.
In Ostpreußen wirbt Gerhard Roßbach, Leutnant der nach ihm benannten Sturmabteilung Roßbach, um eine Anstellung seiner Männer in der Industrie oder Landwirtschaft. Da Roßbach und seine Männer 1919 illegal ins Baltikum eingerückt und an den dortigen Kämpfen teilgenommen hatten, wurde ihnen nun eine Eingliederung in die Wehrmacht verwehrt. Tatsächlich konnte Roßbach seine bei rechten Gesinnungsgenossen unterbringen und für den Kapp-Putsch am 13. März 1920 und die Niederschlagung des polnischen Aufstandes im Mai 1921 wieder aktivieren. Danach traten viele von ihnen in die NSDAP und stiegen zu hohen SA- und SS-Führern auf. Unter ihnen waren etwa Martin Bormann und Rudolf Höß.