Christa Pöppelmann > November 1918 > Mittwoch, der 4. Februar 1920
Mittwoch, der 4. Februar 1920
Der Vorwärts meldet, dass Alfred Hugenberg und Hugo Stinnes versuchten, „alles an Zeitungen anzukaufen, was irgend für Geld zu haben ist.“ Vor einigen Wochen sei der Büxenstein-Verlag für 12,5 Millionen gekauft worden, nun habe das gleiche Los auch den Scherl-Verlag getroffen. Tatsächlich hatte Hugenberg den Scherl-Verlag, in dem so weit verbreitete Blätter wie der Berliner- Lokal-Anzeiger, Die Gartenlaube oder Sport im Bild erschienen, mit Unterstützung der Regierung schon 1916 gekauft. „Diese Art der ‚Eroberung‘ der öffentlichen Meinung auf dem bequemen Wege des Zeitungsankaufs wird selbstverständlich nicht nur in Berlin, sondern auch in der Provinz betrieben“, versichert das Blatt. „Da der Versuch, eine eigene reaktionäre Witzblattpresse zu schaffen, nur zu recht trübsinnigen Ergebnissen geführt hat, ist man auch auf diesem Gebiet auf Raub ausgegangen und hat eine recht ansehnliche Beute nach Hause gebracht.“ Nach den Informationen des Vorwärts sollen auch der Simplizissimus und der Kladderadatsch an den „Stinnes-Hugenbergschen Zeitungstrust“ verkauft worden sein – was so nicht stimmte. Der Kladderadatsch wurde erst 1923 von Stinnes gekauft, der Simplizissimus gar nicht. Außerdem gab es keinen Stinnes-Hugenberg-Trust, sondern die von Hugenberg gegründete Wirtschaftsvereinigung zur Förderung der geistigen Wiederaufbaukräfte, für die Stinnes 1918 4,4 Millionen Mark spendete, an der er aber im Gegensatz zu anderen rechten Wirtschaftsführern nicht beteiligt waren. Worin sich der Vorwärts jedoch nicht irrte, war die Zielsetzung der Zeitungsaufkäufe: „Die Schwerindustrie kauft weiter: Zeitungen, Redakteure, Leser, sie kauft sich schließlich, wenn es geht, auf diesem Weg das ganze deutsche Volk. Macht man sich an den entscheidenden Stellen eine rechte Vorstellung von der Gefahr, die da heranwächst, sinnt man auf Mittel, ihr zu begegnen?“ 1929 stellte Hugenberg seinen Medienkonzern Hitler zur Verfügung und förderte so dessen Aufstieg. Nach 1933 wurde dieser ganz von der NSDAP übernommen.