Dienstag, der 2. März 1920

Das Haus Hohenzollern feilscht mit dem preussischen Staat erbittert um die Herausgabe einstiger Vermögenswerte. Die USPD stellt im Landtag einen Antrag, die einstige Königsfamilie zu enteignen. Auch die SPD-Fraktion sieht keinen Anlass zu übertriebenen Rücksichten. Der Abgeordnete Eduard Gräf erklärt: „Wilhelm II. ist nicht an der Spitze seiner Truppen gestorben, sondern bei Nacht und Nebel geflohen, hat sich in Holland in Privatleben zurückgezogen, geht spazieren, schlägt Holz. Das Volk hat er im Elend zurückgelassen. Die vaterlandslosen Gesellen von einst mussten das volk vor dem Elend bewahren …. Die preußische Königsfamilie hat ihr Geld leicht verdient. Vielleicht gibt das Reich einmal darüber Auskunft, wieviel Wilhelm II. in den Zeiten der Not eigentlich für die Kriegsanleihe gezeichnet habe? 1820 hat der preußische König erklärt, er hafte mit seinem Domänenvermögen für sämtliche Schulden des Staates. Wie wäre es, wenn der letzte Hohenzoller das auch täte. Was würden wir sagen, wenn ein Angestellter nach Holland durchbrennen und dann vom Prinzipal das Gehalft verlangen würde. … Wie kommt eine Familie, deren Oberhaupt noch nicht 65 Jahre alt ist, zu der Erklärung, dass sie sich nicht selbst ernähren könne. In der Schule haben wir doch gehört, dass die Hohenzollern alle ein Handwerk erlernen mussten. … Das ewige Säbelgerassel des ehemaligen Königs war eine der treibenden Ursachen zum Kriege. Mildernde Umstände für ihn sind eigentlich nur seine geistigen Mängel. … Ein Reichsgesetz zur Enteignung der Hohenzollern muss unter allen Umständen gemacht werden; das Volk verlangt, dass wir dem ehemaligen Königshause nicht noch ein Riesenvermögen hinterherwerfen.“ Der USPD-Politiker Adolph Hoffmann meint, Wilhelm II. könne höchstens Arbeitslosenunterstützung beantragen. Kautskys Akentematerial beweise die Kriegsschuld des alten Regimes. Die Abgeordneten der liberalen DDP dagegen fordern eine saubere Trennung zwischen Privat- und Staatsvermögen.

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