Donnerstag, der 31. Oktober 1918

Nachdem es nicht gelungen ist, an die Meuterer auf Schiffen Thüringen und Helgoland heranzukommen, lässt Admiral Franz von Hipper in Wilhelmshaven U-Boote in Stellung bringen und deren Torpedorohre auf die beiden Großkampfschiffe richten. Hipper hat den Schießbefehl schon gegeben, als die ersten Meuterer aufgeben. Damit wird ein Blutbad verhindert. Doch die Seekriegsleitung lässt über 400 Matrosen und Heizer werden verhaftet.

Anschließend wird das ebenfalls revoltierende III. Geschwader zu einer Übung in die Helgoländer Bucht geschickt. Alles funktioniert reibungslos und die Seekriegsleitung wiegt sich in dem Gefühl, die Situation wieder unter Kontrolle zu haben. Doch das letzte Gefecht um die Ehre bleibt abgesagt. Die Meuterer haben damit sich und rund 30.000 Kameraden von der Hochseeflotte, aber auch den englischen Matrosen eine vermutlich äußerst verlustreiche Fortsetzung des Krieges erspart. Zum Bedauern einiger britischer Offiziere übrigens. Der Erste Lord der britischen Admiralität Eric Geddes wird später sagen, man müsse einiges Mitgefühl mit der britischen Flotte haben, dass ihr die Möglichkeit geraubt wurde, dem Feind eine gute Tracht Prügel zu geben.

In Wilhelmshaven werden die fünf Schiffe des III. Geschwaders mit ihren über 5000 Mann Besatzung in deren Heimathafen Kiel zurückgeschickt. Die Befehlshaber glauben, die Lage dadurch weiter zu beruhigen. Eine Fehleinschätzung mit Folgen!

 

Das politische Berlin diskutiert derweil, ob der Kaiser abdanken muss. Theodor Wolff ist dafür. Die Stellung des Monarchen sei unhaltbar geworden und sein Bleiben müsse, wie die Dinge lägen, zu Unruhen führen und die ohnehin große bolschewistische Gefahr steigern. Auf einem Empfang des ehemaligen Reichskanzlers Bernhard von Bülow, vertraut ihm ein Beamter im Kriegsministerium an, die Regierung berate darüber, wie man den Kaiser „zurückkriege“. Man habe Angst, dass Wilhelm II. in Spa wieder unter den Einfluss der Generäle gerate, die Bedingungen der Entente ablehne und die Regierung in Berlin so ausgeschaltet werde.

 

In Österreich hat sich unterdessen auch ein provisorischer Soldatenrat gebildet. Am Sonntag, den 3. November, möchte der am Vortag gewählte Staatsrat in allen Kasernen Wiens weitere Räte wählen lassen, um die Soldaten für die neue Regierung zu gewinnen. Von der Front gibt es unterdessen weiter Berichte über Chaos, Desertion und Plünderungen.

 

Was Ungarn betrifft, so hat Kaiser Karl I. (als ungarischer Herrscher König Karl IV.) seine Zustimmung zur Auflösung der österreichisch-ungarischen Union schon gegeben. Als er jedoch am 27. Oktober unter dem Einfluss des mächtigen k.u.k-Außenministers Gyula Andrássy einen von dessen Günstligen und nicht Oppositionsführer Mihály Károly zum ungarischen Ministerpräsidenten macht, kommt es zur sogenannten Asternrevolution. Mit der Opposition sympathisierende Militärs unter Führung des Buddapester Soldatenrats besetzen die Hauptstadt und erzwingen die Ernennung Károlys. Dabei wird der ehemalige Ministerpräsident Istvan Tisza von Soldaten erschossen. Zwar war Tisza gewarnt worden, doch der (fast) uneingeschränkte Herrscher der ungarischen Vorkriegspolitik lehnte eine Flucht aus dem Fenster als würdelos ab.

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