Mittwoch, der 30. Oktober 1918

Das Osmanische Reich, einstiger Verbündeter der Deutschen, unterzeichnet einen Waffenstillstand. Darin verpflichten sich die Türken alle Gebiete mit Ausnahme Anatoliens zu räumen. Die Briten bekomen weitreichende Befugnisse, strategisch wichtige Festungen, Häfen, Eisenbahnnetze etc. zu kontrollieren.

 

In Österreich vollzieht sich ein Politikwechsel. Die Provisorische Nationalversammlung, bestehend aus den 1911 gewählten Abgeordneten der Gebiete Deutsch-Österreichs gibt sich eine neue Verfassung, in der der noch amtierende Kaiser nicht vorkommt. Außerdem wird eine provisorische Regierung mit dem sozialdemokratischen Politiker Karl Renner an der Spitze gewählt. Draußen auf dem Ballhausplatz demonstrieren Zehntausende von Menschen, darunter viele Arbeiter, Soldaten und Studenten, größtenteils friedlich für die Republik und skandieren „Ohne Habsburg!“

Auch in zahlreichen deutschen Bundesstaaten haben politische Reformen begonnen.

 

Hindenburg hat inzwischen einige enge Vertraute Ludendorffs entlassen. Nun wählt er als dessen Nachfolger Wilhelm Groener. Groener, aus einer württembergischen Soldatenfamilie stammend, war ab November 1916 Chef des preußischen Kriegsamtes und stellvertretender Kriegsminister gewesen. In dieser Funktion war er für das Zustandekommen des Hilfsdienstgesetzes verantwortlich gewesen, das alle Männer zwischen 17 und 60 Jahren, die nicht eingezogen worden waren, bzw. in der Land- oder Forstwirtschaft arbeiteten, für die Rüstungsindustrie verpflichtete. In der Überzeugung, dass der Krieg gegen die Arbeiter nicht zu gewinnen sei, hatte Groener zum Entsetzen der Industriebosse auch eine Arbeitermitbestimmung in das Gesetz geschrieben. Damit brachte er tatsächlich die SPD und die Gewerkschaften auf seine Seite – selbst wenn, wie Gewerkschaftsführer Carl Legien eingestand, dass das „Zwangsgesetz“ nur mit „einigen Tropfen sozialen Öls“ gesalbt war. Später erwog Groener dann stärkere staatliche Eingriffe, aber nicht nur gegen aus seiner Sicht zu hohe Forderungen der Arbeiter, sondern auch gegen das ungezügelte Gewinnstreben der Unternehmer. Der Protest der Großindustriellen gegen diese Pläne, aber auch Aussagen Groeners, man müsse sich auch darauf einstellen, eventuell nicht zu siegen, führten dazu, dass Ludendorff ihn im August 1917 ablösen und an die Front versetzen ließ. Nun erscheint er Hindenburg als der am besten geeignete Mann, sich mit der neuen Regierung zu verständigen. In der Folge überlässt er Groener genauso das Heft des Handelns wie zuvor Ludendorff.

 

In Wilhelmshaven erzielen die Meuterer einen ersten Erfolg. Admiral Franz von Hipper, der Chef der Hochseeflotte, bläst um zwei Uhr morgens die ursprüngliche Aktion gegen England ab. Doch die Seekriegsleitung ist noch nicht gewillt, ganz auf ihr „letztes Gefecht“ zu verzichten. Am Abend wird erneut Befehl zum Auslaufen erteilt. Allerdings soll es „nur“ einen Torpedoboot-Vorstoß gegen die englische Ostküste geben. Doch im I. Geschwader, das den Angriff decken soll, kommt es wieder zur Befehlsverweigerung. Einige Hundert Matrosen verbarrikadieren sich auf den Schiffen Thüringen und der Helgoland unter Deck.

Schreiben Sie einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.