Mittwoch, der 24. März 1920

Die Regierung berät darüber, wie es weiter gehen soll. Vor allem in der DDP und dem Zentrum gibt es Vorbehalte gegen die von Eugen Schiffer angenommenen Bedingungen der Gewerkschaften. Das Berliner Tageblatt geht davon aus, dass die Bedingungen schließlich doch akzeptiert werden. „Man wird es hoffentlich nicht darauf ankommen lassen, dass die Arbeiterschaft, enttäuscht, von neuem in den Generalstreik tritt, wie es die radikalen Elemente bereits in ihrer Presse und in ihren Versammlungen angekündigt haben. Unseres Erachtens sind die Vereinbarungen, auch wenn wir den allgemeinen Volksstreik gegen die Kapp-Regierungen lieber nicht in einem solchen Kuhhandel mit den Arbeitnehmern hätten auslaufen sehen, nicht so schwerwiegender Natur, dass sie nicht bei einigem guten Willen durchzuführen wären.“ Daneben steht nach den Rücktritten von Erzberger und Noske eine größere Kabinettsumbildung im Raum. Die Demokraten plädieren für einen kompletten Rücktritt mit anschließender Neubildung.

 

Im Ruhrgebiet wird unter der Führung von Carl Severing das sogenannte Bielefelder Abkommen ausgehandelt. Die Vollzugsräte sollen gemeinsam mit den Kommunen republikanische Schutzwehren aufbauen, darüber hinaus sollen die Arbeiter jedoch ihre Waffen abgeben. Für alle Gesetzesverstöße im Rahmen des Kapp-Widerstands gibt es eine Amnestie. Doch nicht alle Arbeitervertreter stimmen zu. Vor allem die Offiziere der Roten Ruhrarmee, sowie die Vollzugsräte von Mühlheim und Hamborn sind dezidiert dagegen. Aber Armeekommandant Oskar von Watters, der nicht in die Verhandlungen eingebunden worden war, legt Protest ein. Seine Ablösung wird diskutiert, doch Severing ist dagegen, da Watters alle Offiziere des Wehrkreises auf seiner Seite hat. Otto Braun erklärt nach seiner Rückkehr nach Berlin, die Verbitterung der Arbeiter wegen des zweideutigen Verhaltens von Watters und des eindeutigens Verhaltens vieler Offiziere für den Putsch sei sehr groß. Außerdem glaube er, dass die bolschewistische Gefahr „von rechtbolschewistischer Seite doch etwas übertrieben wird, um sich im Kampf gegen die linksbolschewistischen Elemente wieder zu rehabilitieren.“

 

Die Zeitungen melden die Verhaftung von Admiral von Trotha und Walther von Lüttwitz, Doch Lüttwitz ist nach Ungarn geflohen und kehrt erst nach einer Amnestie 1925 nach Deutschland zurück. Auch Trotha passiert nicht mehr, als dass er aus der Marine ausscheiden muss.

 

In den Abendstunden machen in Berlin Gerüchte über einen neuerlichen Putsch die Runde. Die „Sozialistische Korrespondenz“ prangert an, dass General von Seeckt, die putschenden Truppen weder aus Berlin entfernt, noch entwaffnet habe, sondern dass die Baltikumtruppen noch geschlossen und fest in der Hand ihrer alten Führer beisammen seien. „Wer diese Desperadonaturen kennt, dem ist es nur allzu wahrscheinlich, dass sie vor einer Wiederholung ihres brutalen Gewaltstreichs gegen das Volk nicht zurückschrecken.“ Die Befehlsgewalt müsse aus den Händen Seeckts wieder an einen entschieden demokratischen Reichwehrminister gehen, „der ein Mann von äußerster Energie und Tatkraft sein muss“. Außerdem müssten die reaktionären Einwohnerwehren aufgelöst und Arbeiterwehren gebildet werden.

Tatsächlich hatte Seeckt während der Verhandlungen über einen Abzug, Hermann Ehrhardt Schutz vor Verhaftung zugesagt. Die Brigade durfte sich zurückziehen und wurde am 20. April offiziell, bis zum 31. Mai tatsächlich aufgelöst. Ein Teil der Mannschaft wurde in die Reichsmarine übernommen, Ehrhardt ehrenhaft entlassen. Zusammen  mit dem anderen Teil seiner Leute ging er jedoch in den Untergrund und gründete die terroristische Organisation Consul, die u. a. Matthias Erzberger und Walther Rathenau ermordete. Ehrhardt selbst wurde Nationalsozialist, hegte aber eine persönliche Feindschaft zu Adolf Hitler, weswegen er zusammen mit Ernst Röhm und seinen Anhängern 1934 ermordet werden sollte, jedoch fliehen konnte.

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