Montag, der 16. Dezember 1918

Im Preußischen Abgeordnetenhaus in Berlin beginnt der von Ebert so gefürchtete Reichskongress der Arbeiter- und Soldatenräte. Insgesamt nehmen 514 Delegierte teil, davon mehr als 80 Prozent Arbeiter, knapp 20 Prozent Soldaten-Räte. Unter ihnen sind auch zwei Frauen, die sächsische SPDlerin Klara Noack und Käthe Leu von der USPD.Die praktische Durchführung der Delegiertenwahl ist Sache der regionalen Räteorganisationen gewesen. 288 Räte, d. h. fast 60 Prozent sind Anhänger der SPD, 88 der USPD und nur 10 sympathisieren mit dem Spartakusbund. Dazu kommen Parteilose, Linksliberale etc. Knapp 200 sind Gewerkschafts-, Parteifunktionäre oder Redakteure von Arbeiter-Zeitungen, etwa 180 Arbeiter und Angestellte in der Wirtschaft, gut 70 Intellektuelle. Als Vorsitzende werden ein SPD-Mann, ein USPD-ler und ein Gewerkschafter gewählt. Die sechs Mitglieder des Rats der Volksbeauftragen nehmen auf der Ministerbank teil.

 

Die Versammlung wird zwar vom Leiter des Vollzugsrates, Richard Müller, mit revolutionärem Pathos eröffnet. Aber schon die Zusammensetzung zeigt, dass Eberts Angst vor dem Kongress völlig unbegründet war. Weder Karl Liebknecht, noch Rosa Luxemburg haben es im Vorfeld geschafft, als Delegierte in die Versammlung gewählt zu werden, und ein Antrag, die beiden mit „beratender Stimme“ teilnehmen zu lassen, wird abgelehnt. Zwar darf dann doch noch ein Delegierter der vor dem Abgeordnetenhaus demonstrierenden Spartakisten vor der Versammlung reden, doch großen Effekt hat das nicht.

 

Die Auswärtigen haben teils nicht viel Verständnis für die Grabenkämpfe in der Hauptstadt. Der Essener SPD-Politiker Heinrich Limbertz erklärt „Uns in der Provinz steht der Berliner Vollzugsrat bis zum Hals“ und Gustav Garbe, der als Delegierter Kiels teilnimmt, beantragt, die Debatte zu beenden: „Ich bin der Meinung, die Frage, ob Nationalversammlung, ob Diktatur ist wichtiger als der ganze Berliner Quatsch.“

 

Währenddessen wählen als erste deutsche Länder Anhalt und ausgerechnet das früher besonders rückständige  Mecklenburg-Strelitz konstituierende Landesversammlungen. In beiden Ländern siegt die SPD deutlich vor den bürgerlichen Parteien. Rechtsnationale und Sozialisten spielen nur eine marginale Rolle.

 

Im Osten geht das Drama um die Heeresgruppe Mackensen in die nächste Runde. Der Generalfeldmarschall ist mit seinem Stab von Großwardein nach Budapest gekommen, um zu verhandeln und wird dort von den Ungarn auf französischen Wunsch interniert.

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