Montag, der 27. Januar 1919

Während in Paris die Sieger ohne die Besiegten tagen, erklärt der deutsche Außenamtsstaatssekretär Brockdorff-Rantzau immer wieder, Deutschland werde nur einen Frieden unterschreiben, der den Grundsätzen Wilsons entspreche. Theodor Wolff stärkt ihm vehement den Rücken und verurteilt scharf, alle Äußerungen, die gerade von deutschnationaler Seite kommen, man sei nun wehrlos und müsse jeden Frieden annehmen. Er fragt, was die Entente bei einer Weigerung schon tun könne. Ein Embargo gäbe es schon, eine teilweise Besetzung deutscher Gebiete auch. „Man … kann jeden Ort besetzen, in dem es noch keine Franzosen, Engländer oder Belgier gibt. Es ist immer noch besser, diese Okkupation als die endgültige Lostrennung der Gebiete zu erdulden.“ Auch die Schwierigkeiten aus einer verlängerten Blockade seien dem Unheil vorzuziehen, das aus einer glatten Annahme eines vernichtenden Friedens entstehen würde. „Welche Schwierigkeiten den Ententeländern erblühen würden, wenn … einer brutalen Raubpolitik wegen ein Teil der allzu lange von häuslicher Behaglichkeit ferngehaltenen Heere noch für unabsehbare Zeiten zum Postenstehen gewzungen werden sollte, ahnen wir auch.“ Allerdings müsse Deutschland, wenn es diesen Weg gehe, noch schärfer mit den ehemaligen Kriegstreibern aufräumen: „Man kann nicht, auch nur mit einiger Aussicht auf Erfolg einen Wilson-Frieden verlangen, …nicht gegen Raub protestieren, wenn die Annexionisten von gestern auch nur in der Nähe geduldet werden, und man kann nicht einen Rechtsfrieden gemeinsam mit denen fordern, die noch vor einigen Monaten verkündeten, Gewalt gehe vor Recht.“

 

In Wilhelmshaven putschen die Kommunisten. Sie besetzen den Bahnhof, die Post, das Fernsprechamt, die Reichsbankfiliale und das Rathaus. Doch Soldaten der Wilhelmshavener Garnison erzwingen den Rückzug der Putschisten in die Tausend-Mann-Kaserne. Um ihre Aufgabe zu erzwingen, wird die Kaserne beschossen, was acht Menschen das Leben kostet und 46 weitere verletzt zurücklässt.

 

In der Abendausgabe  des Berliner Tageblatt beantwortet Kurt Tucholsky als Ignaz Wrobel die selbstgestellte Frage „Was darf die Satire?“ mit einem glatten „Alles“. Es wird einer seiner berühmtesten Texte werden.

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