Samstag, der 2. November 1918

Um größere Versammlungen zu verhindern sperrt die Polizei in Kiel vorsorglich das Gewerkschaftshaus und versucht auch darüber hinaus, Kontakte zwischen Matrosen und Arbeitern zu verhindern. Doch das führt nur dazu, dass sich die Unzufriedenen, ungefähr 600 bis 700 Menschen, am Abend auf dem Großen Exzerzierplatz treffen. Karl Artelt und Lothar Popp, beide Werftarbeiter und USPD-Mitglieder, rufen für den nächsten Tag zu einer großen Versammlung der Arbeiter und Soldaten auf. Auf Handzetteln, die umgehend zu Tausenden gedruckt werden, wird gefordert: „Arbeiter demonstriert in Massen, lasst die Soldaten nicht im Stich“, aber auch: „Kameraden schießt nicht auf eure Brüder!“ Tatsächlich lässt eine Einheit Soldaten in der Nacht 70 Teilnehmer der Versammlung, die sie hatte verhaften sollen, wieder laufen.

Was die Aufständischen nicht wissen: Ernst Ritter von Mann, der neue Chef des Reichsmarineamtes, wählt bereits U-Boot-Kapitäne aus, die Schiffe mit den Meuterern zu versenken. Ritter von Mann ist jedoch preußischer Beamter genug, seinen Plan der Regierung in Berlin vorzulegen, die ihn zurückweist.

 

In Berlin tagen die Revolutionären Obleute zusammen mit führenden USPD-Mitgliedern wie Liebknecht und Haase. Auch sie planen eine Massenerhebung mit Streiks, Demonstrationen und der Besetzung öffentlicher Gebäude. 21 der 40 Obleute finden den zunächst vorgeschlagenen 4. November zu früh. Also wird beschlossen, die Aktion gut vorbereitet am 11. November durchzuführen.

 

In Vilnius beschließt die litauische Nationalvertretung, die Taryba, eine republikanische Verfassung. Leidtragender ist der württembergische Prinz Wilhelm Karl von Urach, den die Taryba im Sommer unter dem Namen Mindaugas II. zum König gewählt hatte. Eingefädelt hatten den Deal litauische Exilpolitiker und der umtriebige Matthias Erzberger, den die Aussicht auf einen katholischen Landsmann auf dem litauischen Thron begeisterte. Angetreten hatte der Prinz sein Amt jedoch noch nicht, denn Litauen hatte, nachdem es 1915 zusammen mit dem übrigen Baltikum von Deutschland erobert und in den Militärbezirk „Ober Ost“ integriert worden war, seine Selbstständigkeit noch nicht wieder erlangt. Nachdem die Litauer jedoch eine provisorische Verfassung beschließen und innerhalb einer Woche eine republikanische Regierung ernennen, beginnt – wie von Kanzler von Baden versprochen – der Abzug der deutschen Truppen.

 

 

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