Sonntag, der 14. März 1920

Der Streik geht weiter. Für die Putschisten sind vor allem der Ausfall jeglicher Infrastruktur von Bedeutung, sowie die Tatsache, dass sich die Beamtenschaft der preußischen und Reichsministerien dem Streik angeschlossen hat. So sitzen sie isoliert von der Außenwelt bei Kerzenlicht in der Reichskanzlei. Reichsbank und Reichshauptkasse weigern sich, irgendwelche Gelder auszuzahlen. Allerdings haben die Putschisten alle Zeitungen besetzen lassen und verhindern ihr Erscheinen. Nur den Berliner Lokalanzeiger machen sie – ohne viel Wirkung – zu ihrem Verlautbarungsblatt.

Da sich gezeigt hat, dass die Arbeiterschaft in ihrer überwältigenden Mehrheit hinter dem Streik steht, schließen sich nun auch die Kommunisten an, errichten aber eine eigene Streikleitung und versuchen, vor allem im Ruhrgebiet, den Streik in einen bewaffneten Aufstand umzumünzen.

Die Regierung ist inzwischen weiter nach Stuttgart geflohen, da der für den Wehrkreis Dresden zuständige General Maerker, auf den Noske vertraute, sich uneindeutig verhalten hat. Er erklärte, er habe Befehl von Lüttwitz, die Regierungsmitglieder in Schutzhaft zu nehmen und müsse diesem Befehl gehorchen, werde ihn aber dahin auslegen, dass er zum Schutz der Minister abgestellt sei.

Außerhalb Berlins erklären die Militärbefehlshaber in Ostpreußen, Pommern, Schlesien, Mecklenburg, Hamburg, Schleswig-Holstein, Thüringen und Sachsen ihre Solidarität mit den Putschenden. In Ostpreußen spricht sich sogar der sozialdemokratische Oberpräsident August Winnig für Kapp aus.

In Bayern verlangt der Kommandeur der dortigen Reichswehrtruppe General Arnold Ritter von Möhl, dass ihm die vollziehende Gewalt übertragen wird. Dazu hat er sich mit rechten Politikern, dem Leiter der bayerischen Einwohnerwehren, Forstrat Georg Escherich und dem Münchner Polizeipräsidenten Ernst Pöhner verständigt.

 

In Schleswig aber findet trotz des Putsches die Volksabstimmung über die nationale Zugehörigkeit in der zweiten Zone zwischen Sylt und Flensburg statt. Hier votierten wie erwartet über 80 Prozent für den Verbleib bei Deutschland.

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