Donnerstag, der 13. November 1919

Im Untersuchungsausschuss setzt Helfferich seinen Provokationskurs fort. Der persönlich angegangene Innenminister Eduard David schlägt zurück. Die damalige Regierung habe den Reichstag getäuscht und blind ins Verhängnis geführt. Er spricht von Illoyalität und provoziert damit große Empörung bei Bethmann, Hollweg, Zimmermann und Helfferich, aber auch im Publikum. „War die Erhitzung Helferichs Absicht?“, fragte das Berliner Tageblatt. „Es gibt erfahrene Politiker, die der Meinung sind, dass Herr Helferich bei dieser dramatischen Entwicklung nicht bloß Akteur gewesen ist, sondern auch Regisseur. Er wollte die Bombe zum Platzen bringen.

In der Stadt feiern deutschnationale Schüler und Studenten unterdessen Hindenburg. Sie passen seinen Wagen ab, lassen ihn hochleben, bringen Toasts auf Kaiser und Kaiserreich aus und singen „Heil Dir im Siegerkranz“. Passanten jubeln begeistert. Eigentlich will Hindenburg auch in den Reichstag, um dem Untersuchungsausschuss beizuwohnen, doch die Demonstranten hindern ihn daran. Um keinen Preis werde man Deutschlands größten Feldherrn wie einen dummen Jungen verhören lassen. Ernst von Reventlow, Bruder der Schwabinger Skandalgräfin Fanny, und schon vor dem Krieg ein glühender Alldeutscher, hetzt in der Deutschen Tageszeitung gegen den Ausschuss, schreibt, sein Ziel sei, dem Volk die Erinnerung an große Taten aus dem Herzen zu reißen und den nationalistischen Gedanken zu rauben und ihn durch den jüdischen zu ersetzen. „Die Deutschen sind schuld, dass sie diese Schmach über sich haben bringen lassen … Jetzt aber weht über ihnen die schwarzrotgoldene Judenfahne.“ Die Berliner Tageszeitung stempelt ihn als „Pöbelgraf“ ab. Theodor Wolff weist darauf hin, dass Hindenburg keineswegs vor den Untersuchungsausschuss zitiert worden war. Vielmehr habe das Ludendorff-Lager gefordert, dass auch er erscheinen und zuerst aussagen müsse. 

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