Montag, der 10. März 1919

Die Lüttwitztruppen haben ihren Ring um die Viertel der Aufständischen geschlossen und marschieren in Lichtenberg ein, das als Hochburg der radikalen Linken gilt. Teilweise wird Noskes Schießbefehl zu blindwütigen Massakern genutzt. Menschen, die als verdächtig gelten, werden in rasender Wut mit Gewehrkolben zu Tode geprügelt, aus kürzester Distanz von Schüssen durchsiebt. Zwei junge Soldaten, die später wegen der Ermordung eines russischen Kriegsgefangenen und eines weiteren Mannes vor Gericht gestellt werden, erklären, sie hätten unter dem Eindruck des Massakers in Lichtenberg gehandelt, an das sie damals geglaubt hätten. „Um dieselbe Zeit, wo in unserer Gegend die Granaten und Minenwerfer der Befreier ganze Häuser demolierten“, schreibt Alfred Döblin, „wo viele in den Kellern saßen und dann, schrecklich, wo viele füsiliert wurden auf dem kleinen Lichtenberger Friedhof in der Möllendorffstraße – man muss die Leichen da vor der Schule liegen gesehen haben, die Männer mit den Mützen vor dem Gesicht, um zu wissen, was Klassenhass und Rachegeist ist, – um dieselbe Zeit wurde im übrigen Berlin lustig getanzt.“

 

In Neukölln wird der KPD-Vorsitzende Leo Jogiches gefangen genommen und in das Untersuchungsgefängnis Berlin-Moabit eingeliefert. Dort ermordet ihn ein Kriminalwachtmeister namens Ernst Tamschick durch einen Schuss in den Hinterkopf. Dabei trat Jogiches, wie zuvor auch Luxemburg, einem dominierenden Einfluss der russischen KPD in der Komintern entgegen.

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