Montag, der 2. Februar 1920

Erfreuliche Nachrichten hat das Statistische Amt von Berlin. Die Zahl der Eheschließungen ist im Oktober 1919 im Gegensatz zum gleichen Monat 1918 um fast 100 Prozent gestiegen, von 1858 auf 3556. Statt 1736 Kindern wurden 3586 geboren. Todesfälle gab es nur 2267 im Gegensatz zu den 5394 von Herbst 1918.

 

In holländischen Blättern erscheinen die ersten – nicht offiziellen – Listen von deutschen Militärs, deren Auslieferung die Alliierten angeblich verlangen werden. Darauf finden sich unter anderem der bayerische Kronprinz Rupprecht „wegen Deportationen in Nordfrankreich“, der ehemalige Herzog von Württemberg „wegen Ermordung von Bürgern in Namur“, General von Kluck „wegen Ermordung der Geiseln in Senlis und Mord an Bürgern von Aerschot“, General von Bülow „wegen Brandstiftung in den Ardennen und Füsilierung von Bürgern“, General von Mackensen „wegen Diebstahl, Brandstiftung und Hinrichtungen in Armenien“, der Zivil-Gouverneur in Belgien Baron von der Lancken „wegen der Hinrichtung von Miss Cavell und Kapitän Fryatt“, Admiral von Capelle „wegen der U-Boot-Taten“ und General Liman von Sanders „wegen Ermordung von Armeniern und Syrern.“

 

In belgisch besetzten Eupen-Malmedy wird von allen Lehrern eine Erklärung gefordert, nichts zu tun, was für die belgischen Interessen nachteilig sein könnte. Die Mehrzahl weigert sich und wird sofort entlassen. Dienstwohnungen müssen binnen 14 Tagen geräumt werden. Der preußische Ministerpräsident versichert, das Gehalt der Lehrer weiter zu zahlen und im Rheinland eine Fürsorgestelle einzurichten. Eigentlich ist Eupen-Malmedy Abstimmungsgebiet. Doch vorgesehen ist keine reguläre Wahl. Stattdessen müssen sich Gegner einer Angliederung an Belgien in öffentliche Listen eintragen lassen. Wer dies tatsächlich tut, hat jedoch mit Repressalien zu rechnen, bekommt etwa keine Lebensmittelkarten mehr, wird entlassen oder gar ausgewiesen. Am Ende votieren so nur 271 von 33.726 Abstimmungsberechtigten gegen die Angliederung.

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